No Man is an I(s)land … Folge 148
oder ... "Eatur quo deorum ostenta et inimicorum iniquitas vocat. Iacta alea est!"
Sie sind ganz oben, die Mächtigen dieser Welt … und meist weit weg von denen, die da leben, wo die Kiele der Schiffe den Boden streifen und wo schwarze Fingernägel ein Zeichen dafür sind, dass man mitmischt im Leben … dass man sich einmischt und berührbar ist, freiwillig oder notgedrungen.
Sind die Großen dieser Welt weit weg und muss das so sein?
Anlass zu diesen Gedanken ist die an Dr. Nemo, den CEO des weltgrößten Unternehmens WMIA Incorporated, herangetragene Frage, ob er sich über seine wirtschaftlichen Aspekte hinaus nicht auch zu den politischen und gesellschaftlichen Fragen äußern und mitmischen sollte.
Darüber entspann sich im Vorstandsbüro eine Diskussion. Sie soll hier berichtet werden ...
Anwesend sind Nemo, Elvira, der Medienberater Professor Senape, der Mönch Andrea und natürlich der Interviewer.
Senape ergreift das Wort: „Ich warne davor, als CEO Statements zum Beispiel zur Politik abzugeben. Sie sind ein Wirtschaftsführer und kein Experte für Politik!“
Interviewer: „Mmmh …! Sind denn die Politiker Experten für Politik?“
Elvira: „Gute Frage …“ Dann schaut sie auf ihre chanelrot-lackierten Fingernägel und lächelt so charmant, dass man am liebsten … aber wir schweifen ab.
Senape, der Medienberater, ist ein stark kurzsichtiger Herr, dessen Brille einem normalen Menschen glatt einen Tunnelblick verpassen würde … aber da kann er ja nichts zu … allerdings könnte man das, was er sagt auch durch eine andere Brille sehen … warten wir es ab.
Senape holt noch einmal aus:
„Ein Mann in Ihrer Position darf sich nicht in die Karten schauen lassen. Sie stehen an der Spitze und was sie über Politik und Gesellschaft meinen, geht niemanden etwas an. Sie stehen über der Gesellschaft, ganz oben und veröffentlichen ja auch nicht die Ergebnisse Ihres Gesundheitszustands. Von Ihnen kann man erwarten, dass sie nur dazu etwas sagen, wofür Sie bezahlt werden, nämlich zum Stand des Unternehmens.“
Das ist ein knackiges Statement und Senape blickt mit der ihm innewohnenden Sicherheit, dass niemand ihm, dem Experten für Medien, widerspricht, in die Runde.
Elvira lacht und fast platzt es aus ihr heraus:
„Nemo, hast Du gehört, Du stehst ganz oben! Bist also jemand Besonderes, der seine Position und sein „Ich“ mit einem Zaun abgrenzt wie ein Eigentum, das niemanden etwas angeht …“
Au weia, das ist tief in die schwarzen Tasten gegriffen, denkt der Interviewer.
Der Mönch Andrea hört schweigend zu.
Dann sagt er: „Niemand ist eine Insel!“
Dieser schöne, ja fast tröstende Satz stammt nicht von dem neuzeitlichen Romanschreiber Mario Simmel, sondern von John Donne, dem größten metaphysischen Dichter, aus einem Gedicht, das er im 16. Jahrhundert verfasste.
Der deutschen Version dieses Satzes geht allerdings das geniale Wortspiel ab, mit dem das Thema des Gedichts seinerzeit pointiert wird:
Im Englisch des John Donne schreibt sich das Wort "Island", das unserem "Eiland" oder „Insel“ entspricht, noch nicht mit "s", sondern "iland". Damit bekommt das alte Wort und Bild, das es bezeichnet, einen aufregenden Doppelsinn: "No man is an Iland" heißt dann nämlich auch: Kein Mensch ist ein Ich-Land.“
Elvira: „Ein wunderschönes Gedicht und so geht es weiter: Jeder Mensch ist ein Stück vom Kontinent, ein Teil aus dem Ganzen; jedermanns Tod macht mich geringer, denn ich bin verstrickt ins Schicksal aller ..."
Nemo schweigt.
Elvira: „Und, mein lieber Nemo … gehört Dir diese Position, dass Du sie so abgrenzt oder ist sie nur eine Leihgabe des Schicksals?“
Senape kann nicht mehr folgen und nippt am Café.
Nemo muss zum nächsten Termin.
Auf dem Weg zum Fahrstuhl fragt der Interviewer Elvira: „Wird Nemo sich einmischen?“
Elvira: „Egal, wie er sich entscheidet, die Würfel sind längst gefallen.“
Was das bedeutet und wie es weitergeht mit WMIA Incorporated erfahren wir - wie immer - am nächsten Dienstag ...
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