Die Party ist vorbei - Der Beratungsmarkt wird gerade brutal ehrlich. Und viele trifft es zu Recht.

Die Party ist vorbei - Der Beratungsmarkt wird gerade brutal ehrlich. Und viele trifft es zu Recht.

Die Zeiten sind hart für die Lean-, Agil- und „irgendwas mit Transformation“-Beraterszene. Die meisten Unternehmen vergeben keine Aufträge mehr – selbst jene nicht, denen es (noch) vergleichsweise gut geht. Dieses Muster kennen alle, die schon länger im Geschäft sind. Wenn gespart werden muss, fliegen externe Leistungen – ob Beratung oder Training – als erstes raus. Sie machen sich eben sofort im Portemonnaie bemerkbar.

Natürlich ist das kurzfristiges Denken – aber genau so funktioniert das Geschäft. Mitverantwortlich ist allerdings die Szene selbst.

20. Juni 2025 um 10:00 Uhr von Ralf Volkmer


Jahrelang wurde sich in der Branche "dumm und dämlich" verdient. Jetzt ist das Gejammer groß. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten zählt für Unternehmen vor allem Effizienz. Und wenn der Nutzen externer Beratung nicht klar oder messbar ist – was leider oft der Fall war – wird sie als verzichtbar betrachtet.

Die Branche hat sich selbst ins Aus manövriert

Die Beraterszene hat lange am eigenen Ast gesägt. Sie hat sich im Warmen der Buzzwords gesuhlt. Kaum war „Lean“ durchgenudelt, kam „Agil“. Dann „Agiles Lean“, „Business Agility“, „New Work“, „XYZ Transformation“ – alles schön verpackt, aber selten mit echtem Substanzbezug zum Kunden.

Quick Wins statt echter Wirksamkeit. Hier mal ein 5S-Seminar, da zwei Tage Agil, und in drei Tagen wird eine ganze Transformation, gerne mit LEGO serious Play Workshops durchinszeniert. Alles austauschbar. Alles von der Stange. Keine individuelle Anpassung, kein echtes Interesse am Kontext. Hauptsache, schnell Geld verdienen.

Die Nachfrage war da. Und wer wäre so ehrlich gewesen, lukrative Aufträge abzulehnen, wenn man wusste, dass sie dem Kunden eigentlich nicht helfen würden?

Jetzt, wo die Muster nicht mehr funktionieren, rächt sich das!

Denn: Die meisten Angebote haben sich nie klar differenziert. Die Anbieter sind beliebig austauschbar geworden. Und genau deshalb spart man sie jetzt ohne mit der Wimper zu zucken ein. Darunter leiden nun auch diejenigen, die in der Vergangenheit nicht auf diesen Trend aufgesprungen sind. Die, die mit Haltung, Substanz und echter Wirksamkeit gearbeitet haben – aber nun im gleichen Topf landen wie die Blender.

Die Branche hat sich selbst entwertet und hat es noch immer nicht begriffen!

Wer immer nur auf das nächste Buzzword springt – wie nun das „alte Zeugs“ zunehmend mit dem Etikett „KI“ geschmückt wird – ohne Tiefe, ohne Haltung, wird irgendwann selbst zum leeren Begriff. Genau das ist passiert. Die Beraterszene ist heute nicht mehr als gut frisierte Verkaufsmaschinen. Die PowerPoint sitzt, das LinkedIn-Profil glänzt – aber auf die Frage „Was verändert sich wirklich beim Kunden?“ bleibt es oft erschreckend still.

Jetzt rächt sich das. Jetzt zeigt sich, wer Substanz hat – und wer eben nicht. Wer bereit ist, sich ehrlich zu machen. Wer dem Kunden auch mal widerspricht, statt einfach das zu liefern, was sich am besten verkauft.

Denn eines ist klar: Der Markt wird brutal aussortieren. Die austauschbaren, anpassungswilligen, profillosen Anbieter werden einfach verschwinden.

Und das ist auch gut so.



Kommentare

Svenja Fülling
Svenja Fülling, am 24. Juni 2025 um 14:05 Uhr
Ich finde es sehr schade, wenn auch absolut verständlich, dass Unternehmen so reagieren, wie sie es aktuell tun. Meine Definition eines Beraters ist die, dass der Berater mich zu etwas berät, von dem ich wenig Ahnung habe und mir damit ein Problem löst. Wer nicht in der Lage ist, Lean so anzuwenden das es im aktuellen Unternehmen tatsächlich Probleme löst, macht es in meinen Augen verkehrt.
Andererseits habe ich auch Unternehmen erlebt, die sich für teures Geld einen Berater ins Haus geholt haben und dann sagten: "Klingt alles schön und gut, wir wollen es aber anders."
Was machst Du da als Berater, wenn Du genau weißt, dass es so nicht funktionieren wird, wie es gefordert wird? Konsequent wäre, sich nicht darauf einzulassen und sich höflich zu verabschieden.
QRM Institut GmbH
QRM Institut GmbH, am 24. Juni 2025 um 18:08 Uhr
Der einzige Weg um sich abzuheben ist der, nein zu sagen, wenn die Arbeitsweise, die gefordert wird, nicht zu einem passt. Wenn der Auftrag angenommen wird, nicht nur Konzepte zu erarbeiten, sondern mit dem Kunden in die Umsetzung gehen. Und eigentlich ist es egal, welche Methode oder Strategie der Kunde am Ende bekommt. Schablonen, Trends und Buzzwords funktionieren sowieso nicht. Es braucht Lösungsansätze, die dem Kunden auf den Leib geschnitten sind. Das kann eine Kombination aus vielem sein. Am Ende geht es um den Mehrwert, den der Berater dem Kunden hilft zu erreichen.
Niels Pfläging | Red42
Niels Pfläging | Red42, am 06. Mai 2025 um 14:13 Uhr
Kann man nur zustimmen. Danke, Ralf.
Wobei: Inzwischen hat die Versaubeutelung oder "totale Propaganda" dieser Szene dazu geführt, dass eigentlich gar nichts mehr geglaubt wird. Auch das, was Sinner ergibt, geht in einem Mehr von Müll unter. Dem von dir, Ralf, korrekt beschriebenen Schlamassel kann sich als letztlich KEINER entziehen. Die Frage ist also: Wie gelingt ein Neustart? Einige Antworten, die ich dazu habe:
Beratung statt Training
Wirksamkeitsorientierung statt Gefälligkeit
Aktive Trägerschaft produzieren statt Akzeptanzfixiertheit
Prinzipien statt Tools
Soziale Dichte statt Technologie
Ohno und Deming statt Sinek und Rother (sorry, aber das musste sein)
Lernung statt Lehrung
Üben statt Pauken
Miteinander-Reden statt auf Gurus hören
... (fortzusetzen)
Ralf Volkmer
Ralf Volkmer, am 06. Mai 2025 um 14:16 Uhr
Wir hatten ja auch dazu neulich telefoniert. Und wie ich bereits sagte, hat die Community KEIN Interesse sich von den Blendern zu unterscheiden. Sattdessen wird nun von KI gelabert. Nichts, genau nichts wird sich in der Szene änderen und das ist sehr schade.
Ralf Volkmer
Ralf Volkmer, am 06. Mai 2025 um 14:19 Uhr
Mit "Ohno und Deming statt Sinek und Rother (sorry, aber das musste sein)" komme ich klar 😀
Niels Pfläging | Red42
Niels Pfläging | Red42, am 06. Mai 2025 um 14:20 Uhr
Na ja, dann trifft es die Richtigen.
Das ist wie mit Deutschland derzeit: Egal wie bekloppt diese neue Regierung wird (und sie wird extrem bekloppt) - es trifft die Richtigen, nämlich den Souverän (die BürgerInnen und WählerInnen=, der sich diese Misere selbst eingebrockt hat.

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