SIPOC: Prozesse eingrenzen, verstehen – und gezielt verbessern

SIPOC: Prozesse eingrenzen, verstehen – und gezielt verbessern

Wer Prozesse verbessern will, braucht vor allem eins: Orientierung. Denn oft ist nicht klar, wo ein Prozess beginnt, wo er endet – und was eigentlich betrachtet werden soll. Genau hier setzt SIPOC an: ein bewährtes Strukturierungswerkzeug, das hilft, den Überblick zu gewinnen, den Projektrahmen zu definieren und gezielt in die Tiefe zu gehen.

Autor: Daniel Fügner

03. Juni 2025 um 04:30 Uhr von European Six Sigma Club Deutschland e. V.
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Klarer Rahmen, klare Richtung

SIPOC steht für Supplier – Input – Process – Output – Customer und beschreibt die fünf Schlüsselelemente eines jeden Prozesses:

  • Supplier (Lieferant): Wer liefert die erforderlichen Eingaben?
  • Input: Welche Informationen, Materialien oder Ressourcen fließen ein?
  • Process: Welche Schritte wandeln die Inputs in Ergebnisse um?
  • Output: Welche Resultate entstehen?
  • Customer (Kunde): Wer erhält oder nutzt die Outputs?

Dabei ist wichtig: Lieferanten und Kunden befinden sich nicht zwangsläufig außerhalb des Unternehmens. Häufig sind es interne Bereiche – etwa, wenn der Lieferant die vorgelagerte Vormontage ist und der Kunde die Endprüfung oder das Lager. SIPOC findet mitten im Prozessfluss statt, dort, wo Übergaben erfolgen und Schnittstellen oft für Reibung sorgen.

Ein zentraler Nutzen des SIPOC-Diagramms liegt in der klaren Definition des Projektumfangs (Scope): Welche Prozessschritte sollen verbessert werden? Wo beginnt der Fokus – und wo hört er auf? Welche Elemente liegen bewusst außerhalb des Scopes und gelten als gegeben? Diese Abgrenzung schützt vor dem typischen „Scope Creep“, bei dem Projekte immer größer und unübersichtlicher werden. Mit SIPOC wird der Startpunkt gesetzt – sauber, bewusst und nachvollziehbar für alle Beteiligten.

Ursprünglich stammt SIPOC aus dem Werkzeugkasten von Six Sigma und wird dort klassisch in der Define-Phase von DMAIC-Projekten genutzt. Doch auch im Lean Management hat sich die Methode bewährt – als erster Schritt, um Prozesse zu strukturieren, Potenziale zu erkennen und gezielt Verschwendung zu identifizieren.

Vom Überblick zur Analyse

SIPOC ist bewusst nicht detailliert – es dient der Übersicht, nicht der Tiefenanalyse. Doch genau darin liegt seine Stärke: Es bildet die Brücke zur weiteren Analyse. Im Verlauf eines Projekts kann aus einem SIPOC:

  • ein detailliertes Prozess-Mapping entstehen, das Aktivitäten, Zuständigkeiten und Abläufe exakt beschreibt,
  • oder eine Value Stream Map, die neben dem Ablauf auch Zeiten, Bestände und Informationsflüsse visualisiert

So wird aus der groben Orientierung Schritt für Schritt ein differenziertes Bild – ohne die Richtung zu verlieren.

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt ein Beispiel: In einem mittelständischen Unternehmen soll ein Fertigungsprozess optimiert werden. Die Fehlerquote steigt, Reklamationen häufen sich. Verschiedene Abteilungen deuten aufeinander – niemand sieht den Gesamtzusammenhang. Ein interdisziplinäres Team erarbeitet ein SIPOC-Diagramm:

  • Supplier: Vormontage, technische Dokumentation
  • Input: Baugruppen, Prüfanweisungen, Arbeitspläne
  • Process: Montage → Prüfung → Verpackung
  • Output: geprüfte Baugruppe, Prüfprotokoll
  • Customer: Endmontage, Qualitätssicherung

Dabei wird bewusst entschieden, den Fokus auf den Bereich von Montage bis Verpackung zu legen – Entwicklungsfehler oder Versandlogistik bleiben außerhalb des Projektfokus. Dieses erste Bild liefert nicht nur Klarheit – es macht Schwachstellen sichtbar und legt die Grundlage für alle folgenden Analysen.

Starker Einstieg ins Lean Management

Auch im Lean-Kontext entfaltet SIPOC seine Wirkung. Lean verfolgt das Ziel, Wertschöpfung zu maximieren und Verschwendung zu minimieren. Ein SIPOC-Diagramm hilft dabei, Prozesse grob zu strukturieren, wertschöpfende von nicht-wertschöpfenden Aktivitäten zu trennen, Verantwortlichkeiten transparent zu machen und den Startpunkt für Kaizen-Workshops, Prozessdokumentationen oder Schulungen zu setzen.

SIPOC ist ein strukturelles Fundament für Prozessverbesserung. Es liefert Überblick, grenzt den Fokus klar ab und bildet den Ausgangspunkt für fundierte Analysen im weiteren Projektverlauf. Ob als Teil von Six Sigma oder im Lean Management: SIPOC sorgt für Orientierung, wo Komplexität droht – und ebnet den Weg für nachhaltige Verbesserung.



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