
Zeitorientierte Unternehmensführung: Es Zeit für echte Lean-Transformation
In dynamischen und hart umkämpften Märkten liegt die Zukunft der Produktionsunternehmen in der Zeitorientierung. Wenn wir diese bessere Zukunft herbeiführen wollen, bedarf es der Kombination von Lean und Beta, Flow und Dezentralisierung.
Die Zukunft von Produktionsunternehmen und Industrie In dynamischen und hart umkämpften Märkten liegt in der Zeitorientierung: Weg von Volumenorientierung, Chargendenken, Grössenvorteilsverherrlichung, Produktionssteuerung, Standardkosten und Auslastungsoptimierung. Wenn wir eine bessere wirtschaftliche Zukunft herbeiführen wollen, dann bedarf es der Kombination von Lean und Beta, Flow und Dezentralisierung. Die gute Nachricht: Die Alternative der Zeitorientierten Unternehmensführung ist bereits ausgereift und jahrzehntelang bewährt.
Im 24. BetaCodex Network-Forschungspapier "Slave to the Rhythm" geht es um Zeit. Genauer gesagt geht es darin um Organisation, die sich dem Prinzip der Zeitorientierung konsequent verschreibt. Die überzeugendsten Ansätze zu Rhythmus und Flow, groovende Wertschöpfung und Pünktlichkeit kommen nicht zufällig aus Produktions- und Industrieunternehmen. Die Anwendung der Zeitorientierung beschränkt sich aber weder auf bestimmte Branchen, noch auf bestimmte Funktionen in Unternehmen. Auch das macht die Zeitorientierung zu einem wahrhaft "transformativen" Konzept der Organisationsgestaltung.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Geschichte der Lean-Bewegung, um den Ursprüngen der Zeitorientierten Unternehmensführung nachzuspüren.
Wo die Zukunft von Lean zuhause ist
Seitdem die Popularität von Lean Ende der 2000er Jahre spürbar nachgelassen hat, war das Interesse an der Schnittmenge von Lean und Beta in unserer Bewegung leider nicht mehr so groß, wie ich es mir gewünscht hätte. Glücklicherweise ergab sich jedoch für mich neben der Beratungsarbeit in einigen Produktionsunternehmen (u.a. in Technologie, Konsumgüterindustrie und Pharma) die Gelegenheit, mit einigen der Besten von Lean in Kontakt zu kommen.
Man könnte sagen, dass sich das alles zufällig ergab.
- Die erste Episode ereignete sich 2015 nach einem Interview, das ich dem beliebten österreichischen Radiosender Ö1 gegeben habe. Ein paar Tage nach dem Interview rief mich wie aus dem Nichts ein Mann aus Österreich an. Sein Name war Ernst Weichselbaum, und er begann, mit mir leidenschaftlich über die vielen Ähnlichkeiten zwischen seiner Arbeit und meiner Arbeit rund um Komplexithoden zu sprechen. Zuerst wusste ich nicht, was ich von dem Mann halten sollte. Nach einer Weile verstand ich aber, dass dieser Experte aus Österreich seine ganz eigene Art von Lean-System entwickelt hatte, kombiniert mit einem Lean-Transformationsansatz. Er hatte in den 1980er Jahren damit begonnen, sein System beim Möbelhersteller Bene in Österreich zu entwickeln, und er hatte ihn seitdem in weit über 100 Unternehmen im deutschsprachigen Raum zur Anwendung gebracht. Er nannte den Ansatz nach sich selbst "Weichselbaum-System", Swinging Production oder Organisationskybernetik. Später habe ich eine Zeit lang mit dem großen Ernst Weichselbaum zusammengearbeitet, und gemeinsam haben wir ein Buch über das Weichselbaum-System herausgegeben, das 2020 auf Deutsch erschienen ist.
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2018 wurde ich eingeladen, bei einer Veranstaltung zum Thema „Quick Response Manufacturing“ in Eindhoven, Niederlande, zu sprechen. Was mich am meisten überraschte, war, dass die Organisatoren im Vorfeld darauf bestanden, dass ich vor allem über Zellstrukturdesign sprechen würde. Damals war das ein Thema, das sich kaum ein Konferenzveranstalter von mir wünschte. Aber die QRM-Leute wollten unbedingt und ganz ausdrücklich so viel wie möglich über Dezentralisierung und die Funktionsweise von Zellstrukturen hören: „Das Thema Zellstrukturd ist das Herzstück unserer Lean-Arbeit“, sagten sie. Also machte ich es so. Auf der Konferenz betrat der QRM-Erfinder Rajan Suri, Autor des Buches „It's about Time“, direkt nach mir die Bühne, und während seines Vortrags begann ich langsam zu verstehen, warum QRM fest mit der Idee funktional integrierten Zellen verbunden ist. Später arbeitete ich auch bei einer Veranstaltung in Spanien mit den Kollegen aus der QRM-Bewegung zusammen.
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Schließlich stieß ich letztes Jahr durch unsere Kundin Andrea Heym bei Bayer Bitterfeld auf Lean RFS oder „Lean Repetitive Flexible Supply“. Nachdem ich das Konzept zunächst belächelt, dann aber etwas besser verstanden hatte, konnte ich nicht anders, als mit dem wunderbaren Ian Glenday, dem Schöpfer von Lean RFS, Kontakt aufzunehmen. Ich schlug vor, ein Konzeptübersichtsposter für Lean RFS zu entwerfen und wir nahmen gemeinsam eine Episode von BetaCodex LIVE über Lean RFS auf.
So begann sich nach und nach ein Muster abzuzeichnen. Durch diese drei Berührungspunkte wurde mir nach und nach bewusst, dass die Zeitorientierung in der verarbeitenden Industrie ein fundamentales, aber gleichzeitig auch weitgehend unbeachtetes Thema ist. Mir fiel zudem auf, dass sich in Lean-Kreisen nur wenige Leute überhaupt mit Zeitorientierung befassten, obwohl alle drei Ansätze, die ich kennengelernt hatte, konzeptionell grundsolide waren und sich seit den 1990er Jahren in hunderten von Unternehmen auf verschiedenen Kontinenten bewährt hatten. Dennoch: Bis heute scheint in Lean-Kreisen kaum jemand über Zeitorientierung zu sprechen. Stattdessen schienen sich die meisten Lean-Enthusiasten oder -Praktiker lieber an weniger systemischen Ansätzen wie Six Sigma, der Theory of Constraints oder Toyota Kata zu orientieren. Wie kann es sein, fragte ich mich, dass die Zeitorientierung nicht das beherrschende Thema in der Lean-Bewegung ist?
Helden des echten, schönen, wahren Lean: Taiichi Ohno, Ernst Weichselbaum, Rajan Suri und Ian Glenday
Taiichi Ohno, Produktionsingenieur bei Toyota, war wahrscheinlich der erste, der sich Zeitorientierte Unternehmensführung im Ganzen, also für ein ganzes Unternehmen ausgemalt hat. Er stellte sich ein System der Zeitorientierung nicht nur für die Toyota-Gruppe vor, sondern auch für das gesamte Toyota-Ökosystem, einschließlich der Zulieferer und Händler. Es dauerte mehr als drei Jahrzehnte (zwischen Ende der 1940 bis Ende der 1970er - aber unterschiedliche Zählweisen sind möglich), bis Ohno die Grundlagen dieses Systems geschaffen hatte: das, wir heute als Toyota-Produktionssystem bezeichnen.
Einige wenige Andere griffen Ohnos systemischen Ansatz für Industrie und Fertigungsunternehmen auf: Während sich in den 1980er und 1990er Jahren die meisten Lean-Praktiker und -Berater Tools wie Six Sigma zuwandten, entschieden sich einige Pioniere dafür, die Zeitorientierung mit ähnlicher Leidenschaft wie Ohno zu erforschen. Diese "Aussenseiter" waren Ernst Weichselbaum (Österreich), Rajan Suri (USA) und Ian F. Glenday (UK). Das neueste BetaCodex-Forschungspapier, das wir heute veröffentlicht haben, stellt die Denkweise dieser Pioniere vor und zeigt auf, wie die „Großen Drei“ der zeitorientierten Lean-Organisation zusammengenommen Ohnos Suche nach Rhythmus und Fluss sowie nach zeitbasierter Organisation für alle Arten von Herstellungsunternehmen erfolgreich fortgesetzt haben.

Pioniere der Zeitbasierten Unternehmensführung: Rajan Suri, Ian Glenday, Ernst Weichselbaum
Ich habe lange darüber nachgedacht, wie man das alles zusammenbringen könnte: Beta und Zeitorientierung, Lean und Dezentralisierung, Zellstrukturdesign und Weichselbaum, sowie QRM und Lean RFS. Unser 24. Forschungspapier zielt darauf ab, diesen Zusammenhängen einen Sinn zu geben. Dazu habe ich im Paper die Geschichte von Ohno und Zeitorientierung bei Toyota skizziert, die "Grossen Drei" der Zeitorientierung miteinander in Beziehung gesetzt und praktische Theorie dazu ergänzt, die erlaubt, Lean als Zeitorientierung für ganze Organisationen und in wenigen Monaten hervorzubringen.
Slave to the Rhythm: Das 24. BetaCodex-Forschungspapier ist da!
Die Idee für dieses neue Forschungspapier wurde vor rund zwei Jahren geboren, als wir das BetaCodex Network selbst einer Transformation unterziehen mussten, basierend auf der Einsicht, dass Forschung das Rückgrat unserer Bewegung sein musste, wenn wir Organisationsentwicklung, organisationale Demokratie und konsistente Dezentralisierung ernsthaft vorantreiben wollen. Ich hoffe, dass dieses Forschungspapier den Moment markiert, in dem Beta und Lean sich ernsthaft, gründlich und für immer einander zuwenden.
Lies das 24. BetaCodex Forschungspapier Slave to the Rhythm! Wie immer kostenlos und ohne Registirerung. Das Paper hat 32 Seiten und ist vollgepackt mit Erkenntnissen über die zeitorientierten Lean-Ansätze von Toyota und den Großen Drei, zu funktionierender Lean-Transformationen und dazu, wie man sich der Zeitorientierung in der Praxis nähert. Lass mich wissen, wie der Inhalt des Papiers bei dir ankommt und was du aus den Erkenntnissen und Konzepten des Papiers mitnimmst!

Lern' mehr über Zeitorientierte Unternehmensführung und Lean-als-Zeitorientierung
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https://leanbase.de/events/event/8x2pp-zeitorientierte-unternehmensfuhrung-lean-als-systemuberwindung-denken-realisieren
https://www.redforty2.com/zeitorientierte-unternehmensfuehrung
https://betacodex.org/white-papers/paper/slave-to-the-rhythm-get-to-time-oriented-work-systems-fast-24
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