Die verdammte Brücke zwischen Lean und New Work

Die verdammte Brücke zwischen Lean und New Work

Brückenbau ist ja an sich eine wertvolle Aufgabe, aber wie ist das mit dem Brückenbau, wenn die Brücke verdammt ist? Mit dem Wort „verdammt“ drücken wir meistens aus, dass wir uns über etwas ärgern. Tun wir das? Tue ich das

#leanmagazin
am 02. 10. 2019 in LeanMagazin von Daniela Röcker


Die Begriffe „Lean“ und „New Work“ sind meilenweit entfernt davon, klar und deutlich definiert zu sein. Das, was mir sowohl zu „New Work“ als auch zu „Lean“ in Auftragsklärungsgesprächen um die Ohren fliegt, lässt mich schaudern und zetern gleichzeitig. Und es ärgert mich, denn immer sind es Menschen, die mit den Interpretationen der Begriffe ihre tägliche Arbeit so sorgfältig und verantwortungsvoll wie möglich umsetzen müssen. Es sind Menschen, die nach dem Scheitern von schlecht durchdachten Transformationsbemühungen sagen: „Lean kannste vergessen“ oder „New Work haben wir hinter uns.“ Nein, ich habe sicherlich selbst nicht die Deutungshoheit oder die korrekten Inhalte beider Themen, aber für den Brückenbau braucht es ein solides Fundament, eine stabile Gründung. Dieses Fundament braucht das Vertrauen derer, die über die Brücke gehen wollen, nicht mehr und nicht weniger. Wenn niemand über die Brücke geht, hat sie ihren Zweck verfehlt.

Für uns als Mitgestalter des #LATC2020 und der #NKNA20 heißt das konkret, dass wir das Programm der #LATC2020/#NKNA20 sorgsam und mit viel Leidenschaft in eine Reihenfolge gebracht haben, um die eigentliche Brücke tragfähig und sicher zu machen. Wir sind in die Themen der einzelnen Vorträge, Keynotes, Workshops eingestiegen, haben verglichen, zusätzlich recherchiert, gelesen, zugehört, etc. Ähnlich wie Museumskuratoren haben wir die einzelnen Exponate zu einer Gesamtkomposition zusammengesetzt, die nach unserem besten Wissen und Gewissen eine Möglichkeit für alle Teilnehmenden bietet, Verbindungen und Schnittstellen zu finden, aus verschiedenen Perspektiven zu sehen und ein Verständnis für Gemeinsamkeiten zu bekommen.

Anhand der ersten drei Vortragsthemen will ich kurz anreißen, was wir uns beim Kuratieren gedacht haben:

Das Glück oder der Zufall hat Franziska Gütle zu uns geführt, die den Auftakt der #LATC2020/#NKNA20 machen wird. Ihr Vortrag „Lean Management meets New Work – eine Reise von Nowland zu Nextland“ setzt den Anknüpfpunkt für alle, auch für die, die sich bisher noch nicht mit der Verbindung der beiden Themen beschäftigt haben. Dieser Startpunkt ist unserer Ansicht essenziell für alle folgenden Beiträge, denn es geht zuerst um die Erkenntnis (oder wenigstens die Akzeptanz), dass Du als Teilnehmende*r nicht bei uns bist, um FastFood zu konsumieren, sondern die Brücke betrittst mit dem Bewusstsein, dass es bei beiden Themen um kontinuierliches Lernen geht und nicht um das Methoden-Blumenpflücken. Die Erkenntnis mag trivial erscheinen, aus unserer Erfahrung wissen wir jedoch, dass diese Erkenntnis nicht flächendeckend vorhanden ist. Leider.

Wenn Dir dann klar ist, dass es um Lernen geht, wird Dir auch recht schnell auffallen, dass Lernen nicht auf den Arbeitsplatz beschränkt ist. Lernen nimmst Du mit nach Hause und teilst es mit anderen in Deinem Umfeld – real und virtuell. Genau das machen alle anderen auch und aus dem Lernen bilden sich Meinungen, Ansichten, Haltungen und Handlungen und machen uns zu dem, was man Gesellschaft nennt. Diese Gesellschaft hat den politischen Rahmen der Demokratie gewählt, einer Form, die grundsätzlich allen das Recht auf Teilhabe und Partizipation gibt. Für uns ist das selbstverständlich, doch andere Länder beneiden uns um diese Regierungsform. Guido Drehsen ist Bundesvorsitzender der Partei DEMOKRATIE IN BEWEGUNG. Seinen Vortrag haben wir an die zweite Stelle gesetzt, denn Lernen bedeutet auch zu erkennen, dass meine Haltung, meine Meinungen in meine Gesellschaft hineinwirken können, wenn ich mich beteilige und engagiere. Direkte Beteiligung ist grundsätzlich im kommunalen Raum über das Thema Bürgerbeteiligung möglich, allerdings sind alle politischen Strukturen für unseren heutigen Anspruch an Flexibilität zu starr und wenig zeitgemäß. Daher müssen sich diese Strukturen verändern, um uns als Gesellschaft sinnvolle und schnelle Beteiligungsmöglichkeiten zu sichern.

Um sich sinnvoll beteiligen zu können, braucht es einerseits ein gewisses Grundwissen zur demokratischen Teilhabe, welches idealerweise eine gewisse Grundhaltung ausdrückt. Im Lean-Kontext taucht zum Thema Haltung die Kaizen-Kultur auf, die eine japanische Lebens- und Arbeitsphilosophie beschreibt, die weit über die reine Verbesserung von Prozessen hinausgeht. Kaizen als Philosophie folgt demnach keinem messbaren Wert, sondern steht für das Sichtbarmachen „ewiger Veränderung“. Kaizen-Denken im Lean-Management bedeutet weniger reine Ergebnisorientierung, sondern mehr Prozessorientierung. D.h. der Blick ins Detail ist gefragt, ohne das Ganze aus den Augen zu verlieren. Beispielhaft haben wir daher als dritten Vortrag Kaizen als betriebliches Thema gesetzt in Form von Nadja Böhlmann, Gruppenverantwortliche für Kaizen und Prozessentwicklung beim finnischen Familienunternehmen Teknos.

Im vierten Vortrag lassen wir Dr. Hans-Joachim Gergs von der TU München für die Wissenschaft zu Wort kommen. Was wir uns dabei gedacht haben, verraten wir Euch in einem späteren Beitrag.

Ihr seht also, das Programm der Brückenbauer-Veranstaltung #LATC2020/#NKNA20 ist alles andere als ein lieblos zusammengesteckter Blumenstrauß an Themen, aus denen sich jeder sein Methoden-Pflänzchen pflücken kann, wie es so oft bei Veranstaltungen der Fall ist, sondern ein produktiver, überlegter Prozess, mit ausreichend Spielraum für Parallelprozesse und eigene Prioritäten. Lean eben. Noch Fragen?

P.S.: Mein Ärger vom Anfang ist mittlerweile verflogen. Und wer sich von Euch einen Eindruck verschaffen möchte warum das Veranstaltungsvormat alles ander als NORMAL ist kann sich gerne die kurze Zusammenfassung des #LATC2019 ansehen ;-)



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