In einem anderen Land - Folge 88

In einem anderen Land - Folge 88

Dr. Nemo, der CEO des größten Unternehmens der Welt WMIA Incorporated, ist auf dem Pilgerpfad. Elvira fragte ihn noch nach dem „Warum“. Nemo soll darauf nicht geantwortet haben oder hat die Frage überhört. Auf jeden Fall ist der Pilgerpfad, der Jakobsweg eine andere Welt als die des Vorstandsbüros, der glitzernden Macht, der Demonstration von „We make it all“ … eben WMIA Incorporated.

#WMIA
Podcast, am 10. 06. 2018 in Interview mit Dr. h.c. Any Nemo von Kurt August Herrmann Steffenhagen


Nemo lässt sich von einem Mönch begleiten, einem erfahrenen Führer in ein anderes Land, ein anderes Land des Seins und Denkens. Sein Name ist Andrea Marchese Bianchini, Spross einer alten italienischen Adelsfamilie. Andrea ist der Cellerar in einem Kloster, er ist somit der CFO eines nicht unbeachtlichen Vermögens. Insofern hat er für Nemo „Stallgeruch“….

Zudem hatte er seinerzeit Fortunata und ihn in einer neapolitanischen Kapelle getraut.

Andrea: „Wie geht es Dir, mein Bruder? Ich sehe, Du schnaufst ganz ordentlich.“

Nemo: „Ach Mann, wenn es nur das wäre …“

Andrea: „Was meinst Du?“

Nemo: „Es ist so anders hier. Alle sind gleich, keiner hat einen Status und wer weiß, wer das ist, der da vorne geht und mein Rucksack drückt mir ins Kreuz.“

Andrea: „Das war doch zu erwarten.“

Nemo: „Ja, aber es zu erleben, ist was anderes.“

Andrea: „Deshalb hat dich Dein Weg hierhergeführt, mein Bruder.“

Nemo: „Lass uns rasten.“

Andrea: „Komm, wir gehen noch ein Stück. Dahinten ist ein Dorf, da können wir uns ausruhen.“

Nemo und Andrea erreichen das galizische Dorf Foncebadón.

Nemo: „Lieber Andrea, was ist der Grund, dass Du mir zu diesem beschwerlichen Weg geraten hast?“
Er stellt seinen Pilgerrucksack ab und blickt auf die verlassene Stätte. Von der Sonne Galiziens verwitterte graue Ruinen, Steine, eine Symphonie der Leere, Kargheit und für manche mag dieser Anblick ein Erlebnis der Tristesse sein … aber das wollen wir hier nicht vertiefen. Was ein Ort bedeutet, liegt ja bekanntlich in den Augen des Betrachters.

Andrea: „Deine Frage nach dem Grund … wer kennt den schon … es gäbe viele Gründe oder vielleicht ist das sogar die falsche Frage.“

Nemo: „Hat nicht alles einen Grund, ist unser Handeln nicht final ausgerichtet? Entspringt nicht unser Handeln aus der Erkenntnis der Zusammenhänge? Wozu haben wir denn die Wissenschaft?“

Andrea: „Einen Grund? Ich dachte, im Management redet man von polykausalen Zusammenhängen?“

Nemo: „Ja, ähm …“

Andrea: „Das schlichte, eindimensionale Denken scheint ja noch das Blut zu sein, das in Deinen Adern fließt. Wenn‘s darauf ankommt, denkst Du noch wie in der geistigen Steinzeit.“

Nemo: „Nun sei mal nicht so hart mit mir.“

Andrea: „Dieser Weg ist der Weg der Erkenntnis. Letztlich macht er nackt und zum Vorschein kommt das Eigentliche.“

Nemo: „Was ist das Eigentliche?“

Der Mönch schweigt und nach einer Weile sagt er: „Siehst Du das Kreuz da oben auf dem Berg? Lass uns dort hingehen.“

Das Schweigen der Mönche ist übrigens keine Verweigerung der Antwort. Andrea ist Benediktiner und in deren mönchischen Regeln, genauer gesagt Regula Nr. 42, ist das Schweigen nach dem Palaver des Tages, nach dem Nachtgebet, dem Complet, ein Bestandteil des täglichen Lebens. Nun, wir sind in einem anderen Land, eine Herausforderung für Dr. Nemo und auch eine Herausforderung für alle, die glauben, dass das, was sie tun, letztlich erklärbar sein muss.

Die beiden klettern zu dem Kreuz, dem Cruz de Ferro. Pilger legen hier kleine Steine ab.

Nemo: „Was machen die da?“

Andrea: „Mit dem Ablegen des Steins und einem Gebet hoffen sie, von ihren Sünden befreit zu sein.“

Nemo: „Ist das nicht Mumpitz?“

Andrea: „Du meinst, dass die an etwas glauben?“

Nemo, der schon ahnt, dass er mit dieser Frage in eine Schräglage kommt oder sagen wir mal so, dass da schon wieder eine Erkenntnis auf ihn wartet, wird still.

Andrea: „Der Glaube dieser Menschen unterscheidet sich qualitativ nicht von eurem Glauben im Management zum Beispiel an den Forecast.“

Das englische Wort „bewildered“ würde am besten den Gesichtsausdruck des Dr. Nemo beschreiben, auf Deutsch träfe das Wort „verdattert“ wohl ins Schwarze.

Nun, Nemo wäre nicht Nemo, wenn er nicht sorgsam bei der Planung der Reise gute Wirtshäuser ausgesucht hätte.

Ob die zwei nun in alle diese Raststätten gehen werden, steht dahin.

Heute jedenfalls ist Dr. Nemo über eine Pause froh.

Man genießt einen 1989 Bodegas Vega-Sicilia Único und da ist die Welt wieder in Ordnung.

Andrea: „Wir werden nicht nach Santiago gehen wie alle anderen, wir gehen zum Cabo de Finisterre, dem Ende der Welt.“

Was es damit auf sich hat und wie es am Ende der Welt ausschaut, erfahren wir am nächsten Dienstag.



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