Betriebsklima - Folge 6

Betriebsklima - Folge 6

Im Folgenden hören Sie einen weiteren Mitschnitt des Interviews zum Thema zu Mitarbeiterbefragungen, Verbesserung des Betriebsklimas und zum Umgang miteinander mit dem CEO der WMIA Inc., Herrn Dr. h.c. Any Nemo. Wir befinden uns erneut im 124. Stockwerk des Verwaltungsgebäudes der WMIA in Los Straneros, dem größten und mehr oder weniger erfolgreichsten Unternehmen der Welt.

#WMIA
Podcast, am 10. 06. 2018 in Interview mit Dr. h.c. Any Nemo von Kurt August Herrmann Steffenhagen


Ein neuer Tag ergießt sich orangen flammend, zudem begleitet vom Zirpen der unternehmenseigenen Grillen über Los Straneros, dem Sitz des weltumspannenden und mehr oder weniger erfolgreichsten Unternehmens der Welt, WMIA Incorporated.

Die Grillen sollen bei den Mitarbeitern Erinnerungen an den letzten Urlaub auf Malle wecken, das macht schon mal auf den letzten Metern zum Arbeitsplatz beste Stimmung. Die Fünf-Liter-Schale mit dem dazu korrespondierenden Sangria in der Eingangshalle hat sich nicht bewährt, das gilt auch für die spanischen Flamencotänzer vor dem Fahrstuhl eines jeden Stockwerks ….
Sie waren eigentlich zur Steigerung des Wohlfühlfaktors der Mitarbeiter gedacht, wurden jedoch aus Kostengründen abgeschafft und weil sich wegen dieser spanischen Verführer einige Herrschaften stark verspäteten oder tagelang nicht mehr auffindbar waren.

Die Zinnen über dem Schloss, also, um genau zu sein, des 147 Stockwerke hohen Verwaltungsgebäudes von WMIA, eine Nachempfindung des steilsten und schönsten Märchengebäudes von Disney Land in Orlando/Florida glitzern im Frühmorgenlicht und auch die Wogen der sieben Weltmeere weigern sich angesichts des schönen Scheins nicht, dieses Gebäude auf ihren Wellen zu reflektieren… mit leichtem Kräuseln. Schließlich ist es von Menschenhand gebaut und Menschenwerk will ja beachtet und geehrt sein.

Dr. Nemo hatte generös zum frühen Interview geladen.

Der frühe Vogel fängt den Wurm, Führen durch Vorbild, Sie wissen schon…

Die Putzfrauen reinigen noch den Fahrstuhl und der Manager für gute Luft im Unternehmen. Dr. Feelgood, ein promovierter (wörtlich übersetzt „vorgeschobener“) Herr aus einem bislang nur vermuteten Teil des Universums jenseits der Sterne der Milchstraße habilitiert an der Universität der Träume versprühte die letzten Tropfen aus der Dose des „Alles wird Gut“-Deodorants.

Elvira, die bezaubernde Assistentin des Vorstands, empfing den Interviewer in einem atemberaubend dekolletierten, leider nur im Rücken textilfreien auf den Boden reichenden golden glitzernden Kleid mit einer langen Schleppe aus Feenstaub. Wenn der Interviewer wegen der Morgenstunde, die ja hier wirklich Gold im Munde hatte, nicht so verschlafen wäre, hätte er die sieben Zwerge gesehen, die diese Schleppe trugen.

Na ja, es sind ja nur Leiharbeiter im Land der Märchen und diese Märchen im Verwaltungsschloss von WMIA wechseln täglich… also deshalb Leiharbeiter… früher hätte man sie Eunuchen genannt… obwohl, man mag sich zu ihren Gunsten irren.

Dr. Nemo empfing den Interviewer in seinem Büro. Elvira entschwand kurz, sie hatte zu tun… kam aber gleich mit einem Stapel Papier wieder.

Nemo: „Schön, dass Sie da sind. Thema Mensch soll es heute sein“.

Interviewer: „Sie interessieren sich für die Menschen die hier arbeiten?“

Nemo: „Ja klar!“

Interviewer: „Für jeden Einzelnen der 463.542?“

Nemo: „Nun werden sie mal nicht zu konkret…“
„Ich beschäftige Menschen, die dafür bezahlt werden, sich für Menschen zu interessieren.
Wir haben dafür Werte erarbeiten lassen zum Thema Mensch.“

Interviewer: „Welche Werte?“

Elvira blätterte. Pause…

Nemo, etwas ungeduldig: „Also, wir machen Mitarbeiterbefragungen. Das ist eine Wissenschaft für sich. Neuesten Erkenntnissen folgend reichen wir die Fragebögen nur im Sommer herum und dann auch nur an Freitagabend. Das gibt beste Ergebnisse für die Stimmung.“

Interviewer: „Ist das nicht ein bisschen wenig und in die eigene Tasche gelogen?“

Nemo: „Mitarbeiter sind ein Produktionsfaktor und das Betriebsklima ist ein Gradmesser für neue Bewerber. Deshalb achten wir schon bei der Erhebung der Daten darauf, dass die Ergebnisse stimmen und wir attraktiv sind.“

Anmerkung des Interviewers: Dem Gedanken kann man eine gewisse Professionalität nicht absprechen. Das ist Zweitsemesterwissen der Soziologie.

Nemo: „Wir haben das Thema Mensch und seine Befragung, also die Ergebnisse operationalisiert. Eine Software, die wir von einem deutschen Unternehmen gekauft haben, liefert immer saubere Ergebnisse der Auswertungen.“

Interviewer. „Hat das Betriebsklima nicht auch einen Einfluss auf die Produktivität?“

Elvira reicht die Zahlen.

Nemo, ohne auf das Papier zuschauen: „Produktivität stimmt. Elvira, wo sind die Ergebnisse der letzten Mitarbeiterbefragung?“

Später stellte sich heraus, dass die inzwischen ja abgeschaffte Humor Ressource Abteilung für die Auswertung zwei Jahre gebraucht hatte, auch ein Grund, weshalb sie ausgesourced wurde. Die Ergebnisse fand Elvira, der man jede gute Absicht unterstellen kann, jedenfalls nicht in den Vorstandsvorlagen, im Papierkorb hatte sie allerdings nicht nachgeschaut.

Interviewer. „Wie stehen Sie zum „Du“, was ja eine schon persönliche Ansprache eines Menschen ist?“

Nemo: „Wir haben herausgefunden, dass man jedenfalls in Deutschland zum Beispiel anstelle des Du, das „man“ benutzen sollte. Also „Wie fühlt man sich so“ kommt gut an und wird auch schon erfolgreich praktiziert.“

Elvira warf ein, dass man anstelle „man“ auch neuerdings „frau“ sagt, natürlich kleingeschrieben… Der Einwurf ging unter.

Nemo: „In Amerika heißt es übrigens nicht mehr „You“, sondern die Kurzform, nur der Buchstabe „u“; eine Anrede, die haarscharf neben den Menschen zielt und ihn trotzdem vermeintlich meint. Die Anglos reagieren sogar darauf.“

Nemo schlug sich vor Lachen auf die Schenkel.

Nemo: „Wissen Sie, hier aus der Konzernzentrale sind solche Fragen von Irgendwo ganz klein… so wie man vom Monde auf die Erde blickt.“

Der Interviewer dachte im Stillen: „Wer ist denn der Mond, wer die Erde…?“

Und wenn Dr. Nemo am Ende des Interviews gesagt hätte: „Und nun liebe Kinder schlaft und träumt schön…“ wäre dies auch in Ordnung gegangen.

Der Interviewer ging mit Elvira zum Fahrstuhl. Die sieben Zwerge, ihre Schleppenträger – übrigens Gastarbeiter aus Sizilien, die wegen ihres kleinen Wuchses auch „terrone“ genannt werden, also diejenigen, die sich bücken – waren wegen der Einhaltung der Arbeitszeiten und weil ihr Subunternehmer ihnen ihren Lohn seit 2 Monaten vorenthielt, verschwunden.

Die Feenstaubschleppe verhakte sich am Hinweisschild zur Abteilung Humor Resources … das Kleid von Elvira rutschte…. Der Interviewer wollte ihr ja nur behilflich sein.

Zu früh gefreut… der Compliancemanager, Herr Dr. Do So As If, eine Position, die vom Arbeitsamt ausschließlich für Blinde und Gehörlose ausgeschrieben wird, roch in allerletzter Minute die Begierde, fuchtelte wild und hielt die Hand dazwischen:
„Hier gibt es keine Bestechung… WMIA ist clean…“

Der Interviewer hat das alles mitgeschrieben.

Als er in seine Jackentasche griff, fand er einen Zettel. Handschriftlich von Elvira.
„Herr Dr. Nemo lädt Sie nächsten Dienstag in sein Ferienhaus ein, eine Homestory“.

Es ist wie im Märchen oder nicht oder doch oder okidoki?



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